Freitag, 15. Februar 2019

REZENSION zu Dunkelgrün fast schwarz

Buchinfo

Titel: Dunkelgrün fast schwarz
Autorin: Mareike Fallwickl
Seitenzahl: 480
Erschienen: 05.03.2018
Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
ISBN: 978-3-627-00248-0
Preis: 24,00 €

Inhalt

Seit ihrer ersten Begegnung auf dem Spielplatz sind Raffael und Moritz, fortan nur noch als Raf und Motz bekannt, unzertrennlich. Raf mit seinem in Stein gemeißelten Gesicht, den eisblauen Augen und dem entwaffnenden Lächeln geht voran, während ihm der sanftmütige Motz, in dem eine zarte Künstlerseele schlummert, ohne Widerrede überallhin folgt. Motz Mutter Marie sollte sich eigentlich über die Freundschaft der beiden freuen, denn als Zugezogene hat die Familie es nicht leicht Anschluss in dem kleinen konservativen Dorf zu finden, doch sie erkennt scheinbar als einzige das Böse, Teuflische, das von Raf ausgeht und alle um ihn herum in den Abgrund zu ziehen droht. Als in der letzten Klasse der Schule ein neues Mädchen in ihre Klasse kommt, weitetet sich das Band zwischen Motz und Raf zu einem fatalen Dreieck, dessen scharfe Kanten niemanden unverletzt lassen. Sechzehn Jahre nach einigen verheerenden Ereignissen treffen die drei erneut aufeinander und innerhalb kürzester Zeit fallen sie wieder in ihre alten Rollen zurück, bis die Vergangenheit sie einholt und alles zu eskalieren droht.

Erster Satz

"Mit der Fingerkuppe streicht Moritz über Alaska, das Muttermal unter Kristins Bauchnabel."

Eigene Meinung

Der unheildrohende Titel "Dunkelgrün fast schwarz" in Kombination mit dem düsteren Einband ist in vielerlei Hinsicht passend für dieses sprachgewaltige Debüt, das den Leser zusehends in einen Strudel aus verzehrender, zerstörerischer Freundschaft, Sehnsucht, Verzweiflung und nicht zuletzt Liebe hineinzieht, dem man sich nur schwerlich entziehen kann. Die klare Erzählstimme ist intensiv und zeigt ungefiltert die dunklen Seiten sämtlicher agierender Charaktere auf. Sei es die jahrelange Affäre zur Befriedigung körperlicher Begierden, die zunehmende Eskalation einer entmündigenden, asymmetrischen Freundschaft oder die Selbstaufgabe in der Hoffnung auf bedingungslose wertschätzende Liebe. Interessanterweise entspinnt sich die Geschichte aus den Erzählsträngen dreier Personen - Marie, Moritz und Johanna - der Zugang zu Raffaels Gedanken bleibt verwehrt und doch ist er es, der die Handlung durch sein Handeln und das Ausbleiben von selbigem dominiert. Er ist das zerstörerische Bindeglied, unter dessen attraktiver Oberfläche ein Monster schlummert, das nach außen hin so undurchsichtig ist. Selten habe ich es erlebt, einen Charakter so schlecht einschätzen zu können, da er sich - wie bei genauer Betrachtung die gesamte Personenkonstellation - jeglichem herkömmlichen Erzählschema entzieht. Motz, Raf, Jo und auch Marie sind rau, ungeschliffen, jeder auf seine Weise Außenseiter, die in einer unbarmherzigen Welt ihren Platz suchen. In erschreckender Eindringlichkeit wird hierbei eine große Bandbreite an menschlichen Abgründen aufgezeigt, in deren Abnormität man sich förmlich in einem Wald voller Intrigen, Verzweiflung und Verrat verirrt, dessen dunkelgrüne Blätter in den Facetten der Freundschaft schillern, wo sich Licht und verdunkelnde Gewitterwolken abwechseln. Dunkelgrün fast schwarz beschreibt Moritz, der die Welt mit all ihren vielfältigen Eindrücken wahrnimmt, die Aura, die seinen einstmals besten Freund umgibt, als dieser ihm nach sechzehn Jahren Funkstille plötzlich gegenübersteht. Die Wiedersehensfreude währt nur kurz, denn schon bald verfällt Moritz, der sich mit seiner hochschwangeren Freundin Kristin endlich sein eigenes Leben aufgebaut hat, in alte Muster und wird der unterwürfige Motz, der zu seinem unerreichbaren Vorbild Raf bewundernd aufsieht und zusehends in dessen Strudel aus dunkler, manipulativer Verzweiflung gezogen wird, was schlussendlich unvermeidlich in ein furioses Finale gipfelt.

"Dunkelgrün fast schwarz" ist zweifelsohne ein herausragendes Debüt einer vielversprechenden Autorin, das den Leser durch die immense sprachliche Eindringlichkeit, die scharfkantigen Charaktere sowie den unnachahmlichen Erzählton in einen Sog aus menschlichen Abgründen zieht, der von zarten Lichtstrahlen der Hoffnung und Liebe durchbrochen wird.

Bewertung

2 Kommentare:

  1. Hi Kathi!

    Über das Buch hab ich noch nicht viel gehört - bzw. nur eine Rezension gelesen die sehr begeistert war und eine die total enttäuscht war :D
    Ich hab es trotzdem auf meiner Wunschliste und ich freu mich, dass es dir so gut gefallen hat. Grade ein besonderer Schreibstil macht ein Buch ja oft sehr faszinierend und wie du das beschreibst hört sich das nach einem sehr intensiven Leseerlebnis an.
    Ich hoffe, dass das Buch bald bei mir einziehen kann :)

    Liebste Grüße, Aleshanee

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Huhu liebe Aleshanee,

      an mir ist das Buch ehrlich gesagt auch lange vorbeigegangen, bis ich es auf einmal auf richtig vielen Blogs gleichzeitig entdeckt haben, die allesamt davon geschwärmt haben. Da ich ein großer Fan toller, ausdrucksstarker Sprache bin und wieder Lust auf Literatur hatte, hat es mich förmlich in den Fingern gejuckt das Buch zu lesen. Und, was soll ich sagen, ich habe es nicht bereut, im Gegenteil! Das Buch ist rau, manchmal vielleicht etwas abstoßend, aber dennoch genial!

      Ich drücke der Geschichte und dir die Daumen, dass sie bald bei dir einziehen darf! :D

      Ganz liebe Grüße,
      Kathi

      Löschen

Wenn du bei uns kommentierst, erklärst Du Dich einverstanden, dass personenbezogene Daten wie z.B. IP-Adresse, Standort deines Logins usw.) eventuell abgespeichert und für Statistiken z.B. von Google und anderen Suchmaschinen weiterverarbeitet werden.

Beim Setzen eines Hakens für weitere Benachrichtigungen auf Folgekommentare erklärst Du Dich ebenfalls einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort deines Logins etc.) abgespeichert werden.