Donnerstag, 14. Februar 2019

REZENSION zu Someone New

Buchinfo

Titel: Someone New
Reihe: Someone (Bd. 1)
Autorin: Laura Kneidl
Seitenzahl: 534
Erschienen: 28.01.2019
Verlag: LYX
ISBN: 978-3-7363-0829-9
Preis: 12,90 €

An dieser Stelle geht zunächst ein herzliches Dankeschön an den LYX-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Inhalt

Entgegen dem Wunsch ihrer Eltern geht Micah nicht auf ein Ivy League College wie Princeton oder Yale, sondern hat sich entschlossen die örtliche Universität zu besuchen, um in der Nähe ihres verschollenen Zwillingsbruders Adrian zu bleiben, den ihre Eltern verstoßen haben, nachdem sie von seiner Homosexualität erfahren haben. Micah zieht in eine eigene Wohnung nahe des Campus, wo sie in ihrem neuen Nachbarn Julian ausgerechnet den Kellner von der Dinnerparty ihrer Eltern wiedererkennt, der wegen ihr gefeuert wurde. Micah fühlt sich deshalb schrecklich, vor allem weil Julian sich ihr gegenüber kühl und abweisend verhält und ihr keine Gelegenheit gibt sich zu entschuldigen. Seine Ablehnung wie auch seine undurchschaubare Art faszinieren sie zugleich, weshalb sie alles daran setzt ihn näher kennenzulernen. Das gestaltet sich jedoch alles andere als leicht, denn Julian scheint alle Menschen auf Abstand zu halten, aus Angst sie könnten ihn wegen seines Geheimnisses verurteilen.

Erster Satz

"Wie lange muss ich das wohl noch ertragen?"

Eigene Meinung

Seit die berührende Liebesgeschichte von Sage und Luca mein Herz im Sturm erobert hat, bin ich ein Laura Kneidl Fan und habe sogleich auf das Erscheinen ihres neuen Buches hingefiebert, zumal es aufgrund der sensiblen Thematik für einigen Wirbel gesorgt hat, was meine Neugier natürlich nicht gerade verringert hat. "Someone New" ist äußerlich ein absoluter Hingucker und passt in vielerlei Hinsicht so perfekt zu der Erzählung, was man aber erst nach Beenden des Buches in vollem Umfang realisieren und verstehen kann. In diesem Buch wird ein Thema ganz groß geschrieben und das ist Diversität. Den Grundgedanken dahinter finde ich wirklich genial, vor allem das Geheimnis, das hinter Julians Verhalten steckt und es ist traurig betonen zu müssen, wie toll und bewundernswert ich es finde, dass Laura Kneidl sich an dieses explosive Thema herangetraut hat. Zu diesem Aspekt möchte ich eigentlich gar nicht recht viel mehr sagen, weil es ansonsten einen Teil der Spannung herausnehmen würde. Allerdings muss ich zugeben, dass ich schon sehr früh erahnt habe, worauf das schlussendlich rauslaufen wird und die feinen, versteckten Hinweise deshalb ziemlich offensichtlich waren. Spätestens bei den Narben hätte auch Micah langsam aber sicher stutzig werden sollen, doch sie war bis zum großen emotionalen Showdown vollkommen ahnungslos, was mich dann doch ein bisschen gewundert hat, aber das ist noch im Rahmen des Vorstellbaren. Was mich hingegen zunehmend gestört hat, war die Fülle an Randgruppen mit all ihren eigenen Problemen, die in dieser Erzählung thematisiert wurden. Ich verstehe und bewundere Laura Kneidls Begeisterung und Engagement für die unverstandenen, teils übel beschimpften und ausgestoßenen Minderheiten sowie ihr edles Bestreben für Aufklärung und Verständnis zu sorgen, doch manchmal ist weniger einfach mehr. Neben dem homosexuellen Bruder, der von Zuhause rausgeworfen wird, spielen der dunkelhäutige Kumpel, der sich in LARP-Veranstaltungen auslebt, die Teenie-Mom, die mit der Unterstützung von Freunden und Familie ihren Highschool-Abschluss nachholt sowie die pakistanische Kommilitonin, die zu ihrem Glauben steht und neben dem Jurastudium erfolgreich einen Foodblog betreibt, tragende Rollen. Nicht zu vergessen, dass Micah Vegetarierin ist und dann gibt es natürlich noch das große Geheimnis rund um Julian. Irgendwann war mir das einfach zu viel, was die Geschichte an Glaubhaftigkeit hat einbüßen lassen. Viele Tretminenthemen wurden angerissen, aber richtig vertieft wurde eigentlich keine, was ich rückwirkend betrachtet ziemlich schade finde, vor allem wenn man bedenkt, dass einige der Protagonisten einen eigenen Folgeband bekommen werden. Selbst die Liebesbeziehung von Micah und Julian, die wunderschön zu verfolgen ist, wird auf den letzten Seiten meiner Meinung nach zu abrupt zu einem runden Abschluss gebracht, obwohl es in meinen Augen doch einige offene Fragen gibt, zumal Micah wirklich vollkommen ahnungslos war. Ich an ihrer Stelle hätte eine Million Fragen gehabt und das Ganze auch erstmal sacken lassen wollen. Davon abgesehen fand ich den Charakter von Micah aber genial, denn sie ist eindeutig nicht auf den Mund gefallen und steht zu den Menschen, die sie liebt. Ihre schamlosen, trockenen Kommentare während der verpflichtenden Dinner-Parties mit ihren Eltern, die ein Teil des Deals als Gegenleistung für die Finanzierung ihrer eigenen Wohnung sind, brachten mich jedes Mal zum Lachen, vor allem weil sie in dem eingestaubten, versnobten Klischee einer pikfeinen, reichen Familie, die jedes Wort mit Bedacht auf die Waagschale legt, so erfrischend natürlich heraussticht. Manchmal schießt sie zwar auch darüber hinaus, weshalb ich nicht in ihrer Haut stecken möchte, aber herrlich zu lesen ist es allemal. Zu Micahs Charakter gehört auch ihre Liebe zu Comics, Mangas und Graphic Novels, kurzum Superhelden jeder Art, was dem Leser ausführlich anhand zahlreicher Insider vor Augen geführt wird, wobei ich nicht mit jedem Vergleich etwas anfangen konnte, weil es dafür einfach zu viele Anspielungen waren. Um ihre prekäre Situation und den inneren Zwiespalt beneide ich sie wahrlich nicht, alleine beim Gedanken an solch ein abstoßendes, widerwärtiges Verhalten meiner Eltern meinem Bruder gegenüber - ihrem eigenen Fleisch und Blut - wird mir schlecht. Das Schlimmste an der ganzen Sache ist ja, dass Micah ihre Eltern liebt, denn es wäre leichter, wenn sie sie für ihre Kleingeistigkeit und Intoleranz hassen könnte.

"Someone New" thematisiert wichtige Aspekte rund um die Frage nach der eigenen Identität, Akzeptanz und Toleranz sowie dem Ausbleiben selbiger. Dabei wird die Erzählung, die sich ab und zu in kleine Seitenstränge verirrt, von einem mitreißenden Schreibstil in gewohnter Laura Kneidl Manier getragen, die mit diesem Buch edel für mehr Verständnis für Diversität strebt.

Bewertung

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