Donnerstag, 4. April 2019

REZENSION zu So sieht es also aus, wenn ein Glühwürmchen stirbt

Buchinfo

Titel: So sieht es also aus, wenn ein Glühwürmchen stirbt
Autorin: Maike Voß
Seitenzahl: 304
Erschienen: 28.02.2019
Verlag: bold
ISBN: 978-3-423-79043-7
Preis: 14,90 €

An dieser Stelle geht zunächst ein herzliches Dankeschön an bold, den neuen Imprintverlag von dtv, für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Inhalt

Nach einigen Blicken im Klassenzimmer bedurfte es einem schicksalshaften Zusammentreffen an einer Bushaltestelle, seitdem sind Viola und Leon beste Freunde. Insgeheim liebt er sie schon lange, deshalb ist die gemeinsame Nacht, die sie nach einem Konzertbesuch miteinander verbringen, die Erfüllung seiner Sehnsüchte. Doch obwohl Viola eigentlich das Gleiche fühlt, packt sie die Panik, dass sie wie all die Male zuvor nur wieder auf jemanden hereingefallen sein könnte, weshalb sie ohne ein Wort des Abschiedes am Morgen verschwindet und sich vollkommen aus Leons Leben streicht. Leon kann und will ihr kommentarloses Abtauchen jedoch nicht akzeptieren und setzt alles daran herauszufinden, warum sie vor ihm wegläuft.

Erster Satz

"Es ist Ende Februar."

Eigene Meinung

Vorab sei gesagt, dass "So sieht es also aus, wenn ein Glühwürmchen stirbt" alles andere als leichte Kost ist, denn obgleich ich das Buch vor einigen Tagen ausgelesen habe, liegt es mir noch bleischwer im Magen. Es mutet an wie eine gewöhnliche Liebesgeschichte zweier junger Menschen, wie sie häufig zu lesen ist, und doch ist sie in ihrer Intensität und abgründigen Sogwirkung gänzlich anders. Weder die Wahl des schwarzen Covers sowie das darauf abgebildete Konterfei eines Mädchens, dessen Gesicht im Schatten liegt noch diejenige des unheilschwangeren Titels selbst kommen von ungefähr. 

Durch die Schilderung aus den jeweiligen Perspektiven von Viola und Leon wird schnell klar, dass sie in dieser Konstellation die gequälte Seele ist, während er die Rolle des treuen, ahnungslosen Gutmenschen einnimmt, den der düstere Abgrund jedoch schneller zu verschlingen droht, als ich angenommen hätte. Ehe man sich versieht, wird man hineingezogen in einen Strudel aus dunkler, wunderschöner Poesie und das schon während der gemeinsamen Nacht der beiden, als man einen tiefen Einblick in die düstere Gedankenwelt Violas bekommt, was Versprechen und Ahnung für das Kommende zugleich darstellt: 

"Das Rosa wird zu Grau werden und er zu einem Gesicht von vielen. Jeden Einzelnen habe ich geliebt, jeder Einzelne hat mir die Welt zu Füßen gelegt und jeder von ihnen hat mich verrückt gemacht, genau wie er es tut. Und trotzdem sind sie gegangen. Mehr erwarte ich nicht mehr: das Kennenlernen, die Dates, die Verliebtheit, den Sex." (S. 13)

Lange Zeit hatte ich wirklich Schwierigkeiten, Viola zu verstehen Ja, sie hat furchtbar Scheußliches erlebt, das Spuren hinterlassen hat. Ja, es ist schwierig, einer anderen Personen seine inneren Zweifel zu verraten und sich gänzlich zu öffnen. Und ja, es gibt einige Menschen auf der Welt, die sich selbst am meisten lieben und andere schamlos ohne schlechtes Gewissen bis aufs Äußerste auszunutzen. Aber wieso sie sich mit diesem Hintergrund ohne mit der Wimper zu zucken auf den nächstbesten Typen einlässt, der Interesse zeigt, und sich diesem vollkommen hingibt, will einfach nicht in meinen Kopf. Genauso wenig wie ihr abweisend verletzendes Verhalten Leon gegenüber, der ihr auf beinahe jede nur erdenkliche Weise signalisiert hat, dass er wirklich an dem Gesamtpaket Viola samt Gedankenkarussell und nicht nur dem warmen Körper im Bett interessiert ist. Sie merkt gar nicht, wie er auf der Suche nach ihr sich selbst zunehmend verliert, bis es irgendwann zu spät ist. 

Viola hat unglaubliche Angst zu vertrauen und sich jemandem vollkommen zu öffnen, aus Furcht erneut benutzt und wie ein schmutziges Taschentuch weggeworfen zu werden, und doch gelingt es ihr nicht alleine zu sein. Denn die mögliche Einsamkeit scheint ihr größeres Unbehagen zu bereiten als der Gedanke einer weiteren Enttäuschung. Gerade in diesem Zusammenhang ist es so schwer nachvollziehbar, wieso sie Leon, ihren besten Freund, nach ihrer perfekten gemeinsamen Nacht aus ihrem Leben streicht ohne ihm auch nur den Hauch einer Erklärung zu liefern. Was man als Vielschichtigkeit eines sensiblen Wesens bezeichnen könnte, ist doch nichts weiteres als das urmenschliche Sehnen nach Liebe, Zuneigung und Geborgenheit.

"So sieht es also aus, wenn ein Glühwürmchen stirbt" erzählt die mitreißend dramatische Liebesgeschichte zweier junger Menschen, die sich mit ihren rotierenden Gedankenkarussellen selbst im Wege stehen, die inneren Kämpfe ohne miteinander zu reden alleine ausfechten oder eben daran scheitern. Dabei werden ihre Zerrissenheit sowie die tiefe Verzweiflung mit jedem einzelnen Wort der eindringlichen Sprache spürbar und zu einem intensiven Leseerlebnis, das noch lange nachhallt.

Bewertung

4 Kommentare:

  1. Hey =)

    Ich finde der Titel des Buches ist der absolute Hammer und auch der Inhalt klingt wirklich ansprechend. Ich kann Violas Zweifel gut nachvollziehen, kann mir aber auch vorstellen, dass sie mir beim Lesen ein bisschen zu anstrengend ist.

    LG
    Anja

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    1. Huhu liebe Anja,

      ich finde den auch sooooo klasse! Grundlegend verstehe ich Violas Angst auch, denn da haben ihr ein paar Herren wirklich übel mitgespielt, aber ihr undurchsichtiger Charakter ist manchmal schwer zu verstehen, vor allem ihre Gedankengänge.

      Ich bin schon gespannt, wie es dir gefällt, falls du es liest! :)

      Ganz liebe Grüße,
      Kathi

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  2. Liebe Kathi

    Das Buch möchte ich unbedingt lesen und deine Rezension hat mich überzeugt, dass es sehr bald sein muss :-) Auch wenn es keine leichte Kost ist, so denke ich, dass das Buch genau richtig für mich ist und mich fordern und bereichern wird.

    Alles Liebe
    Livia

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    1. Huhu liebe Livia,

      das freut mich!!! :) Es ist wirklich keine leichte Kost, aber ich bin froh es gelesen zu haben, denn durch diesen tiefen Einblick habe ich teilweise andere Blickwinkel auf manche Dinge entdeckt.

      Ich bin schon gespannt, was du zu diesem Buch sagst, wenn du es gelesen hast!

      Herzliche Grüße,
      Kathi

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